Saniertes Portalgebäude des ehemaligen Kulturhauses Suhl, September 2021 (Foto: Manuela Hahnebach)
Was wäre der Suhler Stadtrat ohne Freie Wähler? Das ist eine Frage, die wir uns seit nunmehr fast 15 Jahren auch jedes Jahr neu stellen, denn alle fünf Jahre entscheiden die Wähler, wie viele Mitglieder unsere Fraktion hat.
Wir Freien Wähler sehen uns als die kommunale Stimme mit unideologischem, aber dafür pragmatischem Ansatz. Das heißt, wir arbeiten für unsere Bürger und mit all denen zusammen, die unsere Ideen und Vorhaben mittragen und andersherum arbeiten wir mit denen zusammen, die ebenfalls gute Ideen haben, denen wir folgen können. Als die zwei gewählten Grünen-Stadträte vor zwei Jahren eine Fraktion suchten, in die sie gleichberechtigt eintreten können, haben wir ihnen angeboten, mit uns Freien Wählern gemeinsam zu arbeiten, da es große Schnittmengen gibt. Das hat sich bewährt. So auch in diesem Jahr 2021.
Es ist keine Frage, dass alle Fraktionen versuchen, unsere Stadt trotz stetiger finanzieller Probleme, voranzubringen. So ist es zu erklären, dass bei wichtigen Bau-, Sanierungs- oder Erhaltungsarbeiten in der Regel einstimmige Beschlüsse des Stadtrates zustande kommen. So konnten in diesem Jahr wieder ein Straßenabschnitt in Suhl-Neundorf, die Prießnitzstraße oder mehrere Fußwege völlig neu instandgesetzt übergeben werden. In der Hohen Feldstraße wird weiter intensiv gearbeitet. Der Fahrstuhl am Alten Rathaus geht Ende des Jahres in Betrieb und wir haben im Stadtrat gemeinsam die Sanierung des Förderzentrums in der Aue auf den Weg gebracht. Ein Projekt, das mit 7,5 Mio € gefördert wird, aber auch einen beträchtlichen Eigenanteil der Stadt nötig macht. Gemeinsam brüten wir im Stadtrat derzeit darüber, wie wir die Sanierung des Internats der Berufsschule auf dem Lautenberg auf den Weg bringen können. Es gibt dafür keine Förderprogramme, obwohl die Ausbildung junger Leute zu Fachkräften so wichtig ist. An Ufermauern und Brückensanierung wurde und wird gearbeitet. Und wer sich in Suhl und seinen Ortsteilen umschaut, der kann eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass wir trotz Finanznot, verursacht durch ein total verqueres, unstimmiges und ungerechtes Kommunal-Finanzausgleichsgesetz, doch noch vieles stemmen. Unser größtes Problem ist der Umgang von Landesverwaltungsamt und Innenministerium mit unserem jährlichen Haushaltsplan. Kürzung von Bedarfszuweisungen ist die Regel und Genehmigung, wenn überhaupt, zwei Minuten vor Zwölf, sprich in den letzten Dezembertagen. Noch steht in den Sternen, ob es 2021 überhaupt etwas wird mit dem Haushalt und damit mit der Auszahlung des Geldes für Vereine, die so wichtig sind für das städtische Leben, oder mit der Einführung des Rennsteig-Tickets für die Urlauber auf unseren Buslinien.
Die Politiker reden zunehmend von Nachhaltigkeit: In Thüringen jedoch werden funktionierende Tourismus-Projekte in dem einen Ministerium erbarmungslos zerschlagen. Warum? Damit im anderen Ministerium neue Projekte auf den Weg gebracht werden, die ein Vielfaches an Fördermitteln verschlingen?
Was uns in diesem Jahr besonders freut, das ist die Tatsache, dass das Haus Philharmonie nun endlich fertig saniert ist und als lebendiges „Haus der Geschichte“ der Stadt und ihren Bürgern erhalten bleibt. Dafür haben wir gemeinsam mit den Fraktionen Die Linke und SPD fast zehn Jahre gegen großen Widerstand der CDU und FDP gerungen.
Unsere Fraktion setzt sich immer wieder für die Wünsche der Bürger ein, wenn es um Geschwindigkeitsreduzierung in Straßen geht, in denen ob der schwierigen, gefährlichen Verhältnisse die Einführung von Tempo 30 sinnvoll wäre. Aber die Stadtverwaltung klammert sich zur Verhinderung an überholte Gesetze. Wir scheuen uns nicht, ständig in diese Wunden zu piksen. Erst im Dezember hatten wir einen weiteren Antrag zum Thema im Stadtrat eingebracht mit der Aufforderung, dass die Stadt Suhl jener deutschlandweiten Städte-Initiative beitreten soll, die sich dafür einsetzt, dass das überholte, nicht mehr zeitgemäße Bundesgesetz neu ausgerichtet werden soll und die Kommunen das Recht bekommen, über das zulässige Tempo auf ihren Straßen selbst zu entscheiden. Leider wurde der Antrag erst einmal verzögert und in den Stadtentwicklungsausschuss verwiesen.
Was die Erstaufnahmeeinrichtung auf dem Friedberg betrifft, wissen wir, dass der Freistaat Thüringen diese 2015 ohne Einverständnis der Stadt Suhl installiert hat und diese nicht wieder aufgeben wird. Aber, und dafür treten wir vehement und offen ein, muss der Freistaat auch für Ordnung und Sicherheit in der Erstaufnahmeeinrichtung und für Sicherheit von Geschäftsleuten, Buspersonal oder der Bürger in angrenzenden Wohngebieten oder in den Straßen der Stadt sorgen. In Briefen, Gesprächen oder Zusammenkünften fordern wir die verantwortlichen Minister und den Präsidenten des Landesverwaltungsamtes auch immer wieder dazu auf, unterbreiten Vorschläge. Manches bewegt sich, anderes muss noch bewegt werden. Stimmen die Forderungen des CDU-Oberbürgermeisters mit den unseren überein, unterstützen wir ihn. Worin wir uns alle einig sind, Kriminelle haben kein Recht auf Asyl in unserem Land.
Eines haben wir in zähem Ringen in diesem Jahr auch erreicht. Mit der CDU/FDP-Fraktion ist es uns gelungen, mit gemeinsamen Anträgen im Stadtrat die Mehrheit zu gewinnen, dass ab Schuljahr 2022/23 die Impuls-Schule Schmiedefeld und die Jenaplan-Schule ein Kooperationsmodell auf den Weg bringen und dass in Schmiedefeld wieder Grundschüler beschult werden sollen. Die Impuls-Schule soll sich deshalb zu einer Gesamtschule von 1 bis 10 entwickeln. Die letzte Entscheidung liegt allerdings beim Bildungsministerium und dem Schulamt. Wir werden sehen.
Liebe Mitstreiter, liebe Freunde, liebe Bürger, wir Freien Wähler arbeiten für das Wohl der Stadt und ihrer 37.000 Einwohner – immer nach der Devise: Jammern hilft nicht, wir müssen rackern und dürfen nicht alles hinnehmen, was die Landesregierung uns aufzwingen will. Leider wissen viele Bürger gar nicht, was in ihrer Stadt kommunalpolitisch geschieht, wo es Erfolge gibt, wo Rückschläge, welche Fraktionen was und wie entscheiden. Wir wünschen uns für das kommende Jahr deshalb mehr Interesse und Mitwirkung. In dieser Zeit, da Corona das gesellschaftliche Leben bremst und aushebelt, ist das natürlich sehr schwierig. Dennoch: Mit Blick nach vorn und Optimismus ins und durch das kommende Jahr, das bleibt unsere Fraktionsdevise.
Bleiben Sie alle gesund oder werden Sie es! Ein gutes, erfolgreiches Jahr wünschen Ihnen allen die Mitglieder der Stadtratsfraktion Freie Wähler/Grüne
Ingrid Ehrhardt, Fraktionsvorsitzende Freie Wähler Suhl / Bündnis 90 – Die Grünen